CFD Simulation und Strömungsvisualisierung

Die Strömungsvisualisierung wird begrifflich häufig mit der Strömungssimulation verwechselt. Sie ist entgegen der Simulation ein Mittel, um Strömungen in der Realität sichtbar zu machen. Üblicherweise wird dazu Nebel in die Reinluft gegeben und durch Beobachtung der Nebelausbreitung geprüft und bewertet, ob der gewünschte Strömungsverlauf eintritt.

Die Strömungssimulation (CFD Simulation) findet am Rechner statt. Es handelt sich dabei um eine numerische Simulation auf Grundlage der physikalischen Gesetze der Strömungsmechanik. Dabei wird ein mehr oder weniger vereinfachtes digitales 3D-Abbild vom zu überprüfenden Objekt erstellt. Dies kann z.B. ein Reinraum oder ein reiner Bereich mit turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV) sein. Die Strömungssimulation liefert im Gegensatz zur Strömungsvisualisierung sehr viel mehr Informationen. So kann z.B. an jeder Stelle des simulierten Volumens die Luftgeschwindigkeit, die Strömungsrichtung, der Druck, die Temperatur, die Partikelkonzentration u.v.m. betrachtet und analysiert werden, auch in Bereichen, die man mit Strömungsvisualisierung nicht einsehen könnte.

Wann macht eine Strömungssimulation Sinn?

  • Wenn verschiedene Einflussgrößen zu komplexen Strömungsverhältnissen führen, die auch mit viel praktischer Erfahrung nicht vorhergesagt werden können.
  • Wenn man in der Designphase die Strömungsverhältnisse an einem Modell testen möchte, um sicher zu stellen, dass ein optimiertes Reinluftsystem an den Endkunden übergeben wird.

Häufig werden erst bei der Strömungsvisualisierung an der im Reinraum aufgebauten Anlage unerwünschte Strömungsverläufe erkannt. Dabei kann es sich um Verwirbelungen, Richtungsumkehr, stehende Luft und ähnliche unerwünschte Effekte handeln, die zu einer Kontamination des Produkts führen können. Ein bereits installiertes Reinluftsystem nachträglich zu optimieren, ist oft mit viel Zeit- und Kostenaufwand und im schlimmsten Fall mit Produktionsstillstand verbunden. In manchen Fällen ist eine nachträgliche Optimierung nicht mehr realisierbar. Daher empfiehlt es sich, für komplexe Reinluftsysteme, bei denen die Strömungsverläufe nicht einfach vorhersehbar sind, bereits in der Designphase eine Strömungssimulation am Rechner durchführen zu lassen. Dadurch ist es möglich, vor dem Bau der Anlage, schwerwiegende Fehler zu vermeiden und damit dem Endkunden eine Menge Kosten und Ärger zu sparen. Aber auch für Bestandsanlagen kann vorab eine Optimierung per CFD erfolgen und überprüft werden, ob die geplante Optimierungsmaßnahme zum gewünschten Ergebnis führt, bevor der Umbau erfolgt.

 

CFD Simulation strömungstechnik. CFD-Simulation von STZ EURO in Offenburg

Voraussetzung für eine Strömungssimulation ist ein geeignetes 3D-CAD-Modell.

Dieses kann entweder als CAD-Datei eingelesen oder durch den Simulationsexperten selbst generiert werden. Im ersten Fall sind häufig umfangreiche Vereinfachungen an der Geometrie erforderlich, da übliche CAD-Modelle aus dem Maschinenbau oft viel zu detailliert sind. Zum Beispiel müssen Schrauben entfernt werden, die auf die Strömung keinen Einfluss haben. Bestehende Spalte in Detailkonstruktionen müssen geschlossen werden, um einen plausiblen Strömungsraum zu erzeugen. Diese Vereinfachungen verhindern, dass die Vernetzung des Modells ohne zusätzlichen Nutzen extrem aufwendig wird. Man muss dabei bedenken, dass der gesamte Raum, in dem die Luft strömt (Fluidraum) in sehr viele kleine (finite) Volumenelemente aufgeteilt werden muss. Diesen Vorgang nennt man Vernetzung. Je mehr Volumenelemente erforderlich sind, umso höher ist der Vernetzungs- und Rechenaufwand. Bei starken Strömungsänderungen und Verwirbelungen können so bereits bei einem Raumvolumen von < 1m³ schon einmal bis zu 40 Millionen Volumenelemente erforderlich sein, um komplexe Strömungsverhältnisse realistisch abbilden zu können.

 

Anwendungsfälle für CFD in der Reinraumtechnik

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten zum sinnvollen Einsatz in der Reinraumtechnik nicht begrenzt. Nachfolgend werden einige typische Anwendungsfälle bzw. Fragestellungen, die mit CFD-Einsatz beantwortbar sind, für den Bereich Life-Science genannt:

 

  • OP-Saal Raumklasse 1a nach DIN 1946-4

    Simulation der Schutzgradmessung. Wird Luft bzw. werden Partikel aus der turbulent durchströmten Umgebung in den TAV-Bereich (z.B. auf den OP-Tisch) übertragen?

  • Blow-Fill-Seal-System

    Wird Luft bzw. werden Partikel vom C-Bereich oder vom Maschinenboden in den kritischen Bereich (offene Behältnisse) übertragen?

  • Füll-Isolator

    Wie müssen die Abluftdurchlässe angeordnet werden, um eine turbulenzarme Verdrängungsströmung im Isolator zu erzielen?

  • Isolator mit Flüssigabfüllung von Arzneimitteln von toxischen Wirkstoffen

    Wird bei einem belüfteten Mousehole Luft aus Zone 1 nach Zone 2 übertragen und welcher Volumenstrom ist erforderlich?

  • Autoklaven oder Wärmeschränke

    Wie muss die Absaugung ausgeführt werden und wie viel Abluftvolumenstrom ist erforderlich, um die turbulenzarme Verdrängungsströmung beim Öffnen der Türen aufrecht zu erhalten?

  • Wiegekabine

    Auf welcher Arbeitshöhe ist der Produktschutz gewährleistet?

  • Sicherheitswerkbank Klasse 2

    Wird die Schutzfunktion (Überströmung) durch die Raum-Zuluftströmung negativ beeinflusst (Strömungsumkehr)?

  • Reinraum Klasse B

    • Wie müssen die Abluftdurchlässe angeordnet werden, um eine gute Raumdurchspülung ohne Totzonen zu erreichen?
    • Wie ist die Erholzeit an den kritischen Positionen im Raum?
    • Wie groß ist der Einfluss einer LF-Überströmung auf die Erholzeit im Raum und inwieweit kann die Überströmung bei der Luftwechselberechnung mit berücksichtigt werden?
    • Wie schnell wird eine definierte Partikelemission im Raum um Faktor 100 an den kritischen Stellen abgereichert?
    • Reinraum Klassen A/B: Wo sind die Monitoring-Sensoren anzuordnen?

Anwendungsbeispiele für CFD Simulation und Strömungsvisualisierung

 

Strömungsvisualisierung Strömungssimulation
Wiegekabine Strömungsvisualisierung Wiegekabine cfd simulation Wiegekabine
Isolator Strömungsvisualisierung Isolator cfd simulation Isolator
Blow-Fill-Seal-Maschine Blow-Fill-Seal-Machine Strömungsvisualisierung Strömungssimulation Blow-Fill-Seal-Machine
Erholzeitmessung Strömungssimulation
Reinraum Klasse B
Erholzeit
Erholzeitmessung Reinraum Klasse B Erholzeit cfd simulation Reinraum Klasse B
Vergleich Erholzeit
gemessen/simuliert
Erholzeit gemessen und simuliert Reinraum Klasse B

Grenzen der CFD-Anwendung in der Reinraumtechnik

Grundsätzlich kann man nahezu alle Reinluftsysteme mit einer CFD-Berechnung simulieren. Die Grenzen ergeben sich im Wesentlichen durch den Aufwand und die damit verbundenen Kosten.



Kostentreibend sind:

  • Instationäre Berechnungen, z.B. diskontinuierliche Partikelfreisetzung oder Abklingverhalten (Erholzeitberechnung)
  • Bewegte Bauteile und deren Einfluss auf die Strömung
  • Multiphysik-Simulationen (Luftströmung, Wärmeströmung/Thermik, Chemische Prozesse (z.B. Zersetzung H₂O₂ usw.))

 

In solchen Fällen ist es oft sinnvoll, zuerst einmal die stationären Strömungsverhältnisse bei verschiedenen Randbedingungen zu prüfen und zu optimieren. Die oben beschriebenen extrem aufwendigen Berechnungen können ggf. auch an vereinfachten Ersatz- oder an Teilmodellen untersucht werden.

 

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